Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Mai 2013

Chefarzt telefoniert privat während OP – Abmahnung oder Kündigung?

Der Chefarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie eines Krankenhauses hat – so der Arbeitgeber – im Operationssaal häufiger private Telefonanrufe angenommen oder während laufender Operationen von einem Mitglied des Operationsteams annehmen lassen. Deshalb kündigte ihm der Arbeitgeber fristlos und vorsorglich auch fristgerecht. Der Chefarzt verteidigte sich damit, dass die Nutzung von privaten Mobiltelefonen auch im Operationssaal allgemein üblich gewesen sei. Er habe für niedergelassene Ärzte jederzeit erreichbar sein müssen. Bei laufender Operation habe ihm ein anderes Mitglied des Operationsteams das Telefon ans Ohr gehalten. Komplikationen für die Patienten habe es nicht gegeben. Das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.10.2012 – 2 AZR 495/11 – hielt sowohl die fristlose als auch die vorsorglich fristgerechte Kündigung für unwirksam. Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles habe es einer vorherigen Abmahnung bedurft, denn ein generelles Verbot, während einer Operation zu telefonieren, habe es in dem Krankenhaus nicht gegeben. Zumindest seien dienstliche Telefonate während laufender Operationen geduldet worden und damit habe das Krankenhaus billigend in Kauf genommen, dass die Konzentration des OP-Teams durch Telefonate beeinträchtigt würde. Mit privaten Telefonaten sei grundsätzlich keine andere Beeinträchtigung der Konzentration verbunden. Auch seien die privaten Telefonate der Zahl nach eher unbedeutend gewesen (HHo/04.2013).