
Aktuelles Arbeitsrecht Januar 2025
Oberarzt lässt 16jährigen Sohn bei OP assistieren – Kündigung
Das Arbeitsgericht Paderborn entschied am 20.08.2024 – 3 Ca 339/24 -, dass die fristgerechte Kündigung eines Oberarztes, der seinen 16-jährigen Sohn unbefugt in den Operationssaal mitnahm und ihn an einer Operation teilnehmen ließ, ohne vorherige Abmahnung wirksam ist.
Sachverhalt
Ein Oberarzt war in leitender Stellung in einer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie tätig. Der Oberarzt nahm seinen 16-jährigen Sohn in den Operationssaal mit. Während einer Operation ließ er ihn „Haken halten“ – eine Aufgabe, die üblicherweise von medizinisch ausgebildetem Personal übernommen wird. Zudem forderte er seinen Sohn auf, Hautnähte mittels Klammernahtgerät zu verbinden, was der Sohn zunächst jedoch ablehnte. Nach Verlassen des Operationssaals durch den Oberarzt führte der Sohn unter Anleitung eines Facharztes die letzten zwei bis drei Klammerungen selbst durch.
Nachdem der Arbeitgeber von diesem Vorfall erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristgerecht ohne vorherige Abmahnung. Der Oberarzt erhob daraufhin Kündigungsschutzklage.
Entscheidungsgründe
Das Gericht bewertete die Mitnahme einer unbefugten Person in den Operationssaal und deren aktive Einbindung in medizinische Tätigkeiten als erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten eines Arztes. Die Patientin wurde nicht über die Anwesenheit des Sohnes informiert und ihre Einwilligung wurde nicht eingeholt. Dies stelle eine Missachtung der Patientenrechte und der ärztlichen Aufklärungspflicht dar. Zudem berge die Einbindung einer unqualifizierten Person in den Operationsprozess Risiken für die Patientensicherheit und erhöhe das Infektionsrisiko. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei durch das Verhalten des Oberarztes nachhaltig gestört.
Fazit
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Paderborn verdeutlicht, dass die Mitnahme unbefugter Personen in den Operationssaal und deren aktive Einbindung in medizinische Tätigkeiten eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt, die in der Regel eine fristgerechte Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt.
(HHo 01.2025)
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