Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Mai 2022

Arbeitsbummelei im Öffentlichen Dienst – Kündigung unwirksam

Der 58-jährige Arbeitnehmer, seit 1992 bei einer Kommune beschäftigt, war seit 2006 gemeinsam mit Kollegen in einem Straßenreinigungsfahrzeug eingesetzt. Die Straßenreinigung erfolgte auf Grundlage wöchentlicher Einsatzpläne in verschiedenen Revieren der Kommune. Im Sommer 2021 wurde festgestellt, dass sich das Fahrzeug, auf dem der Arbeitnehmer eingesetzt war, sich in einer anderen Stadt befand. Aufgrund des Verdachts, dass dies ohne dienstliche Veranlassung geschah, beauftragte die Kommune eine Detektei mit der Beobachtung des Fahrzeugs und der Fahrzeugbesatzung. Diese stellte u. a. fest, dass die Fahrzeugbesatzung die Arbeit unterbrochen hatte, um auf einem Parkplatz Pause zu machen, der Parkplatz eines Lebensmittelmarktes aufgesucht wurde, von wo aus der Arbeitnehmer privaten Erledigungen in einem Imbiss / Kiosk nachging, sich die Besatzungsmitglieder auf der Terrasse eines Vereinsheims am Tisch sitzend knobelten. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber fristlos. Zu Unrecht, wie das angerufene Arbeitsgericht Herne mit Urteil vom 10.12.2021 – 5 Ca 1495/21 – befand. Zwar sei das Verhalten des Arbeitnehmers grob pflichtwidrig und „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Wegen der besonderen Umstände des Falles sei dem Arbeitgeber jedoch die Weiterbeschäftigung zuzumuten. Denn eine ordentliche Kündigung sei aufgrund des Lebensalters und der langjährigen Beschäftigung des Arbeitnehmers nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ausgeschlossen. Zugunsten des Arbeitnehmers seien zudem seine Unterhaltspflichten zu berücksichtigen und dass er 28 Jahre lang beanstandungsfrei gearbeitet habe. Auch könne seine Persönlichkeitsstruktur, er habe ein „schlichtes Gemüt“, nicht unberücksichtigt bleiben. (HHo/05.2022)