Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Juli 2021

Computer von Arbeitskollegen durchsucht – fristlose Kündigung

Eine bei einer Kirchengemeinde angestellte Künstlerin durfte zu dienstlichen Zwecken auf den Dienstcomputer eines Arbeitskollegen zugreifen, der verdächtigt wurde, eine in Kirchenasyl befindliche Frau unter Missbrauch seiner Position in der Gemeinde zur Aufnahme einer Liebesbeziehung gedrängt und diese mit sexueller Motivation übergriffig berührt zu haben. Die Künstlerin fühlte sich dazu berufen, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen und öffnete einen zugriffsgeschützten Ordner und kopierte einen 500 Seiten umfassenden Chat-Verlauf auf einem USB-Stick, den sie anschließend in den Briefkasten der Kirchengemeinde warf und der Staatsanwaltschaft zur Verwendung in dem Ermittlungsverfahren gegen den Arbeitskollegen überließ. Als der Arbeitgeber von dem Vorgang erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Das angerufene Arbeitsgericht Aachen führte in seinem Urteil vom 22.04.2021 – 8 Ca 3432/20 – aus, rechtswidrige Datenverarbeitungen, die mit der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einhergingen, könnten grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hier habe die Künstlerin zwar ihre Kompetenzen deutlich überschritten durch die Öffnung eines erkennbar privaten Ordners. Dennoch ließ das Gericht Milde walten, weil eine fristlose Kündigung in der gegebenen Situation unverhältnismäßig sei. Angesichts der grundsätzlich zu billigenden Motivation, einer in schwerer Bedrängnis befindlichen Person zu helfen und einer langjährigen beanstandungsfreien Beschäftigung sei es für den Arbeitgeber zumutbar gewesen, lediglich mit einer Abmahnung zu reagieren. (HHo/07.2021)