Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Dezember 2024

Entlassung unwirksam – Wegfall Entgeltnachzahlung, falls Arbeitnehmer sich nach Kündigung nicht bewirbt?

Ein Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 11.09.2024 – 4 Sa 10/24 – befasst sich mit einem Konflikt um Annahmeverzugslohn nach einer unwirksamen Kündigung. Annahmeverzug entsteht, wenn ein Arbeitgeber bei fortdauerndem Arbeitsverhältnis die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt, obwohl der Arbeitnehmer leistungsbereit und -willig ist, u. a., wenn nach arbeitgeberseitiger Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist noch keine Entscheidung in einem laufenden Kündigungsschutzverfahren ergangen ist.

 

Sachverhalt:

Ein Arbeitnehmer wurde gekündigt, und das Gericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Der Arbeitnehmer forderte Annahmeverzugslohn, da er während des Kündigungsschutzprozesses nicht gearbeitet und keine Vergütung erhalten hatte. Der Arbeitgeber warf ihm jedoch vor, sich nicht um anderweitige Beschäftigung bemüht zu haben, obwohl es geeignete Stellen auf dem Arbeitsmarkt gegeben habe. Der Arbeitnehmer argumentierte, er habe auf die Rückkehr in sein altes Arbeitsverhältnis vertraut.

 

Entscheidung:

Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitgebers und kürzte den Annahmeverzugslohn. Es argumentierte:

1. Anspruch auf Annahmeverzugslohn:
Bei unwirksamer Kündigung schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Gehalt, auch wenn keine Arbeitsleistung erbracht wurde (§ 615 BGB).

2. Pflicht zur Schadensminderung:
Der Arbeitnehmer muss sich nach einer Kündigung aktiv um zumutbare anderweitige Beschäftigung bemühen, um mögliche Schäden für den Arbeitgeber zu minimieren (§ 615 Satz 2 BGB).

3. Böswilliges Unterlassen:

  • Der Arbeitnehmer handelt böswillig, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig keine ernsthaften Bewerbungen auf passende Stellen unternimmt.
  • Im konkreten Fall konnte der Arbeitgeber nachweisen, dass es geeignete Stellen gab, die der Arbeitnehmer ignoriert hatte.
  • Der bloße Verweis des Arbeitnehmers auf die Hoffnung, in sein altes Arbeitsverhältnis zurückzukehren, genügt nicht, um die fehlenden Bewerbungen zu rechtfertigen.

4. Konsequenz:
Der fiktive Verdienst aus einer möglichen anderen Tätigkeit wurde vom Annahmeverzugslohn abgezogen.

 

Fazit:

Nach einer unwirksamen Kündigung bleibt der Anspruch auf Annahmeverzugslohn bestehen. Der Arbeitnehmer muss jedoch parallel aktiv nach einem neuen Job suchen. Unterlässt er dies ohne ausreichende Gründe, riskiert er eine Kürzung oder sogar den Wegfall des nachzuzahlenden Entgelts.