Aktuelles Arbeitsrecht Januar 2025
Facebook-Post: Pistole an den Kopf gesetzt – Kündigung
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteilen vom 07.10.2024 – 59 Ca 8733/24 und 59 Ca 11420/24 – entschieden, dass die ordentliche Kündigung eines seit rund 15 Jahren im Betrieb beschäftigten Straßenbahnfahrers, der in einer privaten Facebook-Gruppe einen bedrohlichen Beitrag gegen Gewerkschaftsmitglieder veröffentlichte, wirksam ist.
Sachverhalt
Der gekündigte Arbeitnehmer war Straßenbahnfahrer und Administrator einer privaten Facebook-Gruppe mit ca. 1000 Mitgliedern. Die Gruppe richtete sich an das Fahrpersonal seines Arbeitgebers, dem größten Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland. Der Fahrer verfasste in der Gruppe einen Kommentar zur Arbeit der Gewerkschaft ver.di. Er fügte eine Fotomontage hinzu, die einen knienden Mann mit einer Pistole am Kopf zeigte. Neben dem Bild war das ver.di-Logo abgebildet, und die Montage trug den Titel: „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“. Das Logo des Arbeitgebers war ebenfalls sichtbar. Daraufhin gab es einige Beschwerden von Kollegen beim Arbeitgeber. Sieben Gewerkschaftsfunktionäre des Unternehmens fühlten sich durch die Montage bedroht. Nach einer Anhörung des Arbeitnehmers und des Personalrats sprach der Arbeitgeber die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung aus.
Entscheidungsgründe
Das Gericht erklärte die ordentliche Kündigung für wirksam und hob folgende Aspekte hervor: Die Fotomontage mit der Pistole am Kopf des abgebildeten Mannes sei als Drohung zu verstehen, insbesondere gegen Gewerkschaftsmitglieder, die für ver.di aktiv sind. Die Darstellung suggeriere eine gewalttätige Handlung („Warnschuss“). Der Beitrag störe den Betriebsfrieden nachhaltig und trage zu einem Klima der Angst bei. Das gefährde die Zusammenarbeit im Betrieb und untergrabe das Vertrauen zwischen den Mitarbeitern. Das Verhalten des Fahrers sei eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, insbesondere die Pflicht zu respektvollem Umgang mit Kollegen. Bei einem solchen Verstoß sei auch keine vorherige Abmahnung erforderlich, da ein solches Verhalten offensichtlich nicht tolerabel sei. Auch sei das Verhalten nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Diese schütze keine Äußerungen, die Bedrohungen darstellten oder den Betriebsfrieden gefährdeten. Auch gehe das Verhalten des Fahrers weit über das Maß zulässiger Kritik hinaus. Zugunsten des Fahrers wertete das Gericht, dass dieser schon 15 Jahre im Betrieb beschäftigt war und er als alleinerziehender Vater von drei Kindern und eine längere Vorlaufzeit benötige, um eine neue Arbeitsstelle zu finden, weshalb es die vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose Kündigung abwies und nur der vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung stattgab.
Fazit
Das Urteil zeigt, dass Arbeitgeber berechtigt sind, bei schwerwiegenden Verstößen gegen den Betriebsfrieden oder Bedrohungen gegenüber Kollegen konsequent zu handeln und das Arbeitsverhältnis zu beenden. Es verdeutlicht auch, dass die Meinungsfreiheit nicht als Rechtfertigung für Drohungen oder einschüchterndes Verhalten missbraucht werden darf. (HHo 01.2025)
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