Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Oktober 2025

Keine Entgeltfortzahlung bei Infektion durch Tatoo

In der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22.05.2025 – 5 Sa 284a/24 – ging es um die Frage, ob ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit durch eine Tattoo-Entzündung hat.

 

SACHVERHALT

Eine Frau arbeitete seit August 2023 als Pflegehilfskraft in einem Pflegedienst in der Tagespflege. Sie verdiente 1.956,60 Euro brutto bei einer 30-Stunden-Woche. Am 15.12.2023 ließ sich die Pflegekraft am Unterarm tätowieren. Am 19.12.2023 teilte sie ihrer Vorgesetzten mit, dass sich die tätowierte Stelle entzündet habe und sie bis zum 22.12.2023 krankgeschrieben sei. Die Entzündung machte die Einnahme von Antibiotika erforderlich. Insgesamt war die Pflegekraft an 5 Tagen arbeitsunfähig. Die Arbeitgeberin zahlte für Dezember 2023 nur ein reduziertes Gehalt (1.490,74 Euro statt 1.956,60 Euro). Auf der Abrechnung stand bei den Krankheitstagen: „Unbezahlte Freizeit (unentschuldigtes Fehlen, Arbeitsbummelei)“. Die Entgeltfortzahlung lehnte sie mit der Begründung ab, die Mitarbeiterin habe die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet. Daraufhin klagte die Pflegekraft auf Zahlung der Differenz von 465,90 Euro brutto.

 

ENTSCHEIDUNG

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein urteilte, dass die Pflegekraft keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Das Gericht verwies darauf, dass nach § 3 Abs. 1 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit für bis zu sechs Wochen nur hat, wenn ihn kein Verschulden trifft. Zwar sei die Pflegekraft tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer bakteriellen Entzündung, die erst vier Tage nach der Tätowierung auftrat. Auch seien die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ordnungsgemäß gewesen. Zudem habe die Pflegekraft Entgeltfortzahlung nicht für die Zeit der Tätowierung selbst, sondern nur für die nachfolgende Entzündung verlangt. Die Arbeitsunfähigkeit sei aber „verschuldet“ gewesen. Verschuldet sei eine Arbeitsunfähigkeit, wenn jemand „in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise“ verstößt. Der Pflegekraft sei bewusst gewesen, dass beim Tätowieren die Haut verletzt wird, dieses schmerzhaft sein und mit Rötungen einhergehe. Sie hatte selbst vorgetragen, dass es in bis zu 5 % der Fälle zu Entzündungen komme, sie also damit rechnete, dass eine Entzündung auftreten könnte. Damit habe sie dieses Risiko „billigend in Kauf“ genommen, somit verschuldet. (HHo 10.2025)