Dr. Holly

Arbeitsrecht September 2024

Sohn schlägt Vater Vase auf den Kopf – Arbeitsunfall?

Ein Vater war ehrenamtlicher gesetzlicher Betreuer seines geistig behinderten Sohnes. In dieser Rolle war er dafür verantwortlich, sich um die Gesundheit und das Wohl seines Sohnes zu kümmern. Am 15. Februar 2016 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und seinem Sohn in ihrer gemeinsamen Wohnung. Der Sohn bekam einen Tobsuchtsanfall, wurde gewalttätig und schlug dem Vater eine Vase auf den Kopf, wodurch dieser eine Platzwunde erlitt. Der Vater argumentierte gegenüber der Berufsgenossenschaft, dass der Vorfall ein Arbeitsunfall sei, da er in seiner Funktion als Betreuer handelte, als er versuchte, seinen Sohn zu beruhigen und einen Notruf abzusetzen. Diese lehnte jedoch die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, mit der Begründung, dass die Tätigkeit des Vaters zum Unfallzeitpunkt keinen direkten Bezug zu seiner Rolle als Betreuer hatte. Der Vater klagte daraufhin, dass der Vorfall als Arbeitsunfall anerkannt wird, da er in Erfüllung seiner Pflichten als Betreuer handelte. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt entschied mit Urteil vom 26.06.2024 – L 6 U 19/23 – zugunsten des Vaters. Es stellte fest, dass der Vorfall als Arbeitsunfall zu werten ist, weil der Vater in seiner Rolle als Betreuer gehandelt habe. Dies gelte auch dann, wenn die Beteiligten verwandt seien und sich der Vorfall in der gemeinsamen Wohnung ereignete. Das Gericht führte aus, dass die Tätigkeit des Vaters, seinen Sohn zu beruhigen und einen Notruf abzusetzen, direkt mit seiner Pflicht zur Sorge für die Gesundheit seines Sohnes verbunden gewesen sei. Somit sei der Vater während des Vorfalls durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. (HHo 09.2024)