Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Oktober 2025

Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsgründer in der Probezeit?

Mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer in der Probezeit, der die Gründung eines Betriebsrats initiierte, sich auf Sonderkündigungsschutz berufen kann, hatte sich das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 20.08.2025 – 10 SLa 2/25 – zu befassen.

 

SACHVERHALT

 Ein Mann wurde am 7. 03.2024 als Sicherheitsmitarbeiter eingestellt. Bereits nach sechs Tagen im Job (13. 03.2024) ließ er notariell beglaubigen, dass er die Gründung eines Betriebsrats plant. Am 20. 03.2024 – nach nur 13 Tagen Beschäftigung – teilte er seiner Arbeitgeberin per E-Mail mit, er wolle einen Betriebsrat gründen und plane eine Betriebsversammlung einzuberufen, weshalb er ein Verzeichnis der wahlberechtigten Mitarbeiter benötige. Bereits einen Tag später, am 21. 03.2024, kündigte die Arbeitgeberin ihm fristgerecht zum 28. 03.2024 – also noch während der Probezeit, wobei sie sich auf mangelnde Eignung des Arbeitnehmers berief.

Der Mitarbeiter klagte dagegen und argumentierte zunächst, die Kündigung verstoße gegen das Verbot, eine Betriebsratswahl zu behindern (§ 20 Abs. 1 BetrVG). Später, am 15.10.2024, berief er sich zudem darauf, dass er Sonderkündigungsschutz als „Vorfeld-Initiator“ einer Betriebsratswahl (§ 15 Abs. 3b KSchG) genieße.

 

ENTSCHEIDUNG

Während das Arbeitsgericht dem Arbeitnehmer zunächst Recht gab, hob das Landesarbeitsgericht München diese Entscheidung auf und entschied, dass die Kündigung wirksam sei. Der Arbeitnehmer genieße noch keinen Kündigungsschutz.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Das Landesarbeitsgericht stellte klar, dass der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsgründer (§ 15 Abs. 3b KSchG) erst nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit aus dem Kündigungsschutzgesetz greift. Denn der Sonderkündigungsschutz schütze nur vor Kündigungen „aus Gründen in der Person oder im Verhalten“, was voraussetze, dass das Kündigungsschutzgesetz überhaupt anwendbar ist. Das ist in den ersten sechs Monaten (Wartezeit/Probezeit) aber noch nicht der Fall. Mit anderen Worten: Man kann keinen Sonderschutz haben, wenn man noch gar keinen normalen Kündigungsschutz hat.

Selbst wenn der Schutz hier schon gegolten hätte, wäre er im konkreten Fall verloren gegangen. Denn der Arbeitnehmer habe die Arbeitgeberin nicht rechtzeitig darüber informiert, dass er sich auf den Sonderkündigungsschutz beruft. Die erstmalige Berufung auf Sonderkündigungsschutz fast 7 Monate nach der Kündigung sei deutlich zu spät. Der Arbeitgeber müsse zeitnah wissen, dass ein besonderer Kündigungsschutz besteht. Ein etwaiger Sonderkündigungsschutz sei jedenfalls verwirkt, wenn sich ein Arbeitnehmer monatelang nicht darauf beruft. In dem Fall sei das Vertrauen des Arbeitgebers auf die Wirksamkeit der Kündigung schutzwürdiger. (HHo 10.2025)