Aktuelles Arbeitsrecht Dezember 2024
Teilnahme an Trainerlehrgang trotz Krankschreibung – fristlose Kündigung
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen vom 08.07.2024 – 15 SLa 127/24 – befasst sich mit einer außerordentliche Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit.
Sachverhalt:
Eine Arbeitnehmerin – Sekretärin in einer Schule – beantragte Urlaub, der vom Arbeitgeber jedoch abgelehnt wurde. Kurz darauf legte sie eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vor, die sie für den Zeitraum des verweigerten Urlaubs arbeitsunfähig schrieb. Statt zu Hause zu bleiben, nahm sie an einem Trainerlehrgang für Turnen teil, wie ursprünglich für den Urlaub geplant. Der Arbeitgeber vermutete eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Die Arbeitnehmerin wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage, die in erster Instanz und beim LAG Niedersachsen scheiterte.
Entscheidungsgründe:
Das LAG bestätigte die Kündigung und führte aus:
- Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung:
Grundsätzlich hat eine AU einen hohen Beweiswert, der jedoch erschüttert werden kann, wenn konkrete Umstände Zweifel an der tatsächlichen Erkrankung aufwerfen. Im vorliegenden Fall begründeten mehrere Indizien die Zweifel des Arbeitgebers:- Die AU fiel exakt in den Zeitraum, für den zuvor Urlaub beantragt und abgelehnt worden war.
- Die Arbeitnehmerin nahm dennoch am geplanten Lehrgang teil und meldete sich nicht ab.
- Sekundäre Beweislast der Arbeitnehmerin:
Bei erschüttertem Beweiswert der AU musste die Arbeitnehmerin substantiiert darlegen, warum sie trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit den Lehrgang besuchen konnte. Dieser Nachweis gelang ihr nicht.- Sie konnte keine ausreichenden Angaben zur Art und Auswirkung ihrer Krankheit oder den ärztlichen Verhaltensmaßregeln machen.
- Der bloße Verweis auf die ärztliche Bescheinigung genügte nicht.
- Vertrauensverlust:
Die Kombination aus der zeitlichen Nähe der AU zur Urlaubsverweigerung und dem Besuch des Lehrgangs führte zu einem schwerwiegenden Vertrauensbruch. Das rechtfertigte die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB.
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