Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Dezember 2021

Trunkenheitsfahrt mit Dienstwagen – fristlose Kündigung?

Ein seit 22 Jahren beschäftigter Außendienstmitarbeiter benutzte für Kundenbesuche einen Dienstwagen, den er auch privat nutzen durfte. In einer „International Company Car Policy“ des Arbeitgebers war geregelt, dass Mitarbeiter niemals unter Alkoholeinfluss fahren dürfen, widrigenfalls Disziplinarmaßnahme drohen. Der Außendienstmitarbeiter verursachte mit dem Dienstwagen an einem Sonntag einen Verkehrsunfall mit einem Schaden am Fahrzeug von rund € 18.000,00, das auch nicht mehr fahrbereit war. Die Atemalkoholprobe ergab eine BAK von 1,8 Promille des Außendienstlers. Das Amtsgericht entzog ihm für einen Zeitraum von 12 Monaten die Fahrerlaubnis. Er schlug seinem Arbeitgeber vor, für diese Zeit auf eigene Kosten einen Fahrer anzustellen für Kundenbesuche. Der Arbeitgeber kündigte dennoch außerordentlich fristlos und vorsorglich auch fristgerecht. Anschließend begab sich der Außendienstler in psychologische Behandlung. Nach mehreren Tests auf Alkohol, die negativ verliefen, beantragte er die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Dem Antrag wurde von der Straßenverkehrsbehörde stattgegeben. Gegen die Kündigung hatte der Außendienstler Kündigungsschutzklage erhoben, die auch in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.09.2021 – 1 Sa 299/20 – erfolgreich war. Das Gericht betonte, dass eine außerordentliche oder auch eine ordentliche Kündigung grundsätzlich in Betracht komme, wenn das Führen eines KFZ eine wesentliche arbeitsvertragliche Pflicht – wie bei einem Außendienstler – sei und die Fahrerlaubnis alkoholbedingt entzogen werde. Hier habe der Arbeitnehmer allerdings angeboten, die Zeit bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch Beschäftigung eines Fahrers auf eigene Kosten zu überbrücken. Auch sei trotz der „International Company Car Policy“ eine Abmahnung nicht entbehrlich gewesen, denn das Fehlverhalten habe im Wesentlichen lediglich den Fahrzeugschaden zur Folge gehabt. Zugunsten des Arbeitnehmers sei seine lange Betriebszugehörigkeit und seine Auseinandersetzung mit dem Problem und den Ursachen des eigenen Alkoholkonsums mit psychologischer Unterstützung zu berücksichtigen gewesen. (HHo/12.2021)