Aktuelles Arbeitsrecht November 2024
Überstunden-Vergütung für Teilzeitbeschäftigte – ab wann?
Am 29. Juli 2024 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) – C-184/22 und C-185/22 -, dass Teilzeitbeschäftigte beim Anspruch auf Überstundenzuschläge nicht benachteiligt werden dürfen. Der Fall betraf Pflegekräfte, die in Teilzeit arbeiteten und Überstundenzuschläge ab der Überschreitung ihrer individuell vereinbarten Arbeitszeit forderten. Laut den tarifvertraglichen Regelungen sollten jedoch Zuschläge erst gewährt werden, wenn die Überstunden die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten übersteigen – das hieß, Teilzeitkräfte mussten mehr arbeiten, um einen Zuschlag zu erhalten als Vollzeitkräfte. Diese Praxis beurteilte der EuGH als unvereinbar mit der EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten. Der EuGH stellte klar, dass eine solche Regelung zu einer mittelbaren Diskriminierung führe, da sie Teilzeitbeschäftigte benachteiligt und häufig Frauen betrifft, die in Teilzeit überrepräsentiert sind. Der Gerichtshof betonte, dass die unterschiedlichen Schwellenwerte keinen legitimen Zweck erfüllen und im Gegenteil Arbeitgeber dazu anreizen könnten, Überstunden eher bei Teilzeitbeschäftigten anzuordnen, was diese diskriminiere. Der Gerichtshof unterstrich auch, dass Teilzeitkräfte einen Anspruch auf Überstundenzuschläge bereits ab der Überschreitung ihrer eigenen Arbeitszeit haben sollten, was dem „Pro-rata-temporis“-Prinzip entspricht. Dieser Grundsatz fordert, dass Teilzeitkräfte proportional zur vereinbarten Arbeitszeit denselben Anspruch haben sollten wie Vollzeitkräfte, sodass bei ihnen der Zuschlag ebenfalls ab der ersten Überstunde gilt, die ihre regelmäßige Arbeitszeit überschreitet. (HHo 11.2024)
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