Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Mai 2022

Vererblichkeit einer Abfindung – Risiko: Tod vor Fälligkeit

Die Ehefrau eines inzwischen verstorbenen Arbeitnehmers verlangte als dessen Erbin von seinem ehemaligen Arbeitgeber die in einem Aufhebungsvertrag geregelte Abfindung in Höhe von € 34.500,–. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung mit der Begründung, der Aufhebungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Dem war folgendes vorausgegangen: Mit Schreiben vom 16.01.2020 schickte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die von ihm unterzeichneten Exemplare des Aufhebungsvertrags. Am 25.01.2020 verstarb der Arbeitnehmer. Am 27.01.2020 unterschrieb der Geschäftsführer des Arbeitgebers den Aufhebungsvertrag, der dem Anwalt des Arbeitnehmers am 31.01.2020 zuging. Nach dem Vertrag sollte die Abfindung mit Abschluss des Aufhebungsvertrags entstehen und mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2022 zur Zahlung fällig sein. Das zur Entscheidung angerufene Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2021 – 2 Sa 11/21 – hielt den Aufhebungsvertrag zwar für wirksam zustande gekommen, entschied aber, dass der Arbeitgeber dennoch nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Denn der Arbeitnehmer habe die von ihm geschuldete Leistung, nämlich seinen Arbeitsplatz zum Ablauf des 30.06.2020 aufzugeben, wegen seines schon vor Zustandekommen des Vertrags eingetretenen Todes nicht mehr erbringen können, weshalb der Arbeitgeber von seiner Gegenleistung, der Zahlung der Abfindung, befreit sei. Auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts darf man gespannt sein. (HHo/05.2022)