Aktuelles Arbeitsrecht Juni 2022
Wer beweist Zugang einer E-Mail?
In einem Rechtsstreit zwischen einem Piloten und seinem Arbeitgeber, einer Fluggesellschaft, bei dem es um die Rückzahlung eines Darlehens ging, kam es darauf an, ob eine E-Mail der Fluggesellschaft beim Piloten zu einem bestimmten Zeitpunkt zugegangen war. Die Fluggesellschaft behauptete, das maßgebliche Schreiben als Anhang einer E-Mail am 25.10.2018 an die E-Mailadresse des Piloten versendet zu haben. Der Pilot gab an, das Schreiben habe ihn erst am 27.10.2018 per Post erreicht. In seinem Urteil vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21 – hatte sich das Landesarbeitsgericht Köln mit der Frage auseinanderzusetzen, wer den Zugang einer E-Mail zu beweisen habe. Hierzu vertreten Gerichte unterschiedliche Auffassungen. Einerseits soll eine E-Mail als zugegangen gelten, wenn dem Versender keine Rücksendung als unzustellbar angezeigt wird. Andere Gerichte vertreten die Auffassung, dass der Versender den Zugang einer E-Mail zu beweisen; der Nachweis der Absendung der E-Mail sei nicht ausreichend. Das angerufene Landesarbeitsgericht trat letztgenannter Auffassung bei. Das Risiko des Zugangs dürfe nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Es sei nicht gewiss, dass nach dem Versenden einer E-Mail die Nachricht auf einem Server eingehe. Wie auch bei normaler Post sei es möglich, dass eine Nachricht nicht ankomme. Der Versender wähle die Art der Übermittlung und habe deshalb das Risiko zu tragen. Er könne schließlich über die Optionsverwaltung seines E-Mail-Programms die Anforderung einer Lesebestätigung einstellen. (HHo/06.2022)
Zurück zur Übersicht Aktuelles Arbeitsrecht