Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht August 2022

Busaufsicht statt sozialpädagogischer Förderung – Grenzen des Weisungsrechts

Eine auf die Behandlung von Kindern mit Legasthenie und anderen Lernschwächen spezialisierte Beraterin schloss mit einer privaten Gesamtschule einen Arbeitsvertrag, nach dem sie mit zur sonderpädagogischen Förderung von Schülern tätig werden sollte. Nach diversen gerichtlichen Auseinandersetzungen wurde der Beraterin die Aufgabe übertragen, die Ankunft der Schüler an der Bushaltestelle vor dem Schulgelände zu beaufsichtigen und hier sozialpädagogisch tätig zu werden, insbesondere „auf das angemessene Sozialverhalten der Schüler hinzuwirken“ und dafür zu sorgen, dass diese ohne Verzögerung das Schulgelände aufsuchen. Nachmittags habe sie die gleichen Aufgaben wahrzunehmen, wobei ihr Hauptaugenmerk auf der Gewährleistung des ungefährdeten Zustiegs der Schüler zu den Bussen liegen solle. Während der Arbeitszeit habe sie eine Warnweste zu tragen, was für andere Lehrkräfte, die gelegentlich Busaufsicht führten, nicht galt. Die Beraterin wies die entsprechende Arbeitsaufforderung zur ausschließlichen Busaufsicht ohne sonderpädagogische Tätigkeit als nicht vertragsgerecht und unzumutbar zurück, trat die Arbeit nicht an und verlangte für die Ausfallzeiten ihre Vergütung. Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern am 01.03.2022 – 5 Sa 207/21 – urteilte. Wenn eine für die sozialpädagogische Förderung von Schülern eingestellte Lehrkraft ohne jegliche Lehrtätigkeiten ausschließlich als Busaufsicht eingesetzt werden soll, entspreche das nicht ihren vertraglich geschuldeten Leistungen und sie behalte ihren Vergütungsanspruch. (HHo/08.2022)