Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Dezember 2014

Straftaten als Kündigungsgrund

Straftaten – tatsächliche und vermeintliche – werden Seitens des Arbeitgebers immer wieder zum Anlass für – meist fristlose – Kündigungen genommen. Ob diese Bestand haben, hängt sehr stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hatte in jüngerer Vergangenheit über eine Vielzahl derartiger Kündigungen zu entscheiden. So hatte sich das Arbeitsgericht Düsseldorf in einer Entscheidung vom 21.10.2014 – 2 Ca 3420/14 – mit insgesamt 33 Kündigungen eines seit 23 Jahren beschäftigten Verwaltungsfachangestellten des Ordnungsamtes zu befassen.Der Vorwurf lautet, der Angestellte habe Gebühren von mehr als € 100.000 dadurch veruntreut, dass er diese für sich selbst vereinnahmt habe. Entschuldigt hat er dies mit seiner Spielsucht. Das Arbeitsgericht hielt die behauptete Einschränkung der Steuerungsfähigkeit für nicht ausreichend konkret und wies die Klage ab. In einem vom Bundesarbeitsgericht am 20.03.2014 – 2 AZR 1071/12 – entschiedenen Fall ging es u. a. um eine Kündigung, die das Land Nordrhein-Westfalen einem Justizvollzugsbediensteten ausgesprochen hatte, weil dieser bei seiner Bewerbung angegeben hatte, er sei weder vorbestraft noch seien Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig. Später wurde bekannt, dass er u. a. wegen Körperverletzung und Betrugs verurteilt worden war und Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Betrugs und Beleidigung gegen ihn geführt worden waren, allerdings später eingestellt wurden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt, da die Verurteilung bereits im Bundeszentralregister gelöscht war und ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, nach bereits eingestellten Ermittlungsverfahren zu fragen, nicht bestehe. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte sich mit der Äußerung eines Betriebsratsmitglieds zu befassen, beim Arbeitgeber herrschten „Arbeitsbedingungen wie im KZ“. Mit seiner Entscheidung vom 05.06.2014 – 10 TaBVGa 146/14 – wies es den Antrag des Arbeitgebers auf einstweilige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts zurück. Auch ein unsäglicher Vergleich der Arbeitsbedingungen im Betrieb mit denen im KZ sei vom Recht auf freie Mei-nungsäußerung gedeckt. Eine Beleidigung in Form einer sog. „Schmähkritik“ liege nur dann vor, wenn es nicht um Sachkritik gehe, sondern eine Person ohne Tatsachenkern herabgewürdigt werden solle. Vorliegend sei es um die Arbeitsbedingungen der Vier-Schicht-Mitarbeiter gegangen und nicht darum, eine Person herabzuwürdigen. Mit dem Verhalten eines Sachbearbeiters der Bundesagentur für Arbeit hatte sich das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 10.04.2014 – 2 AZR 684/13 – auseinanderzusetzen. Dieser war im Jahr 2001 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden. Im Juli 2011 teilte die Staatsanwaltschaft der Bundesagentur mit, der Sachbearbeiter werde wegen unerlaubten Handelns mit Kokain angeklagt. In einem Mitarbeitergespräch im August bestritt er den Sachverhalt. Im Januar 2012 wurde er wegen unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die ausgesprochene Kündigung. Außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers könnten eine mangelnde Eignung begründen, auch wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehle. (HHo/12.2014)