Aktuelles Arbeitsrecht Juli 2012
Urlaub bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit: Wann entsteht er, wann verfällt er?
Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 – C-350/06 „Schultz-Hoff“ – hat eine Lawine von nachfolgenden Entscheidungen der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit ausgelöst:
So hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 21.12.2011 – 10 Sa 19/11 – festgestellt, dass Urlaubsansprüche zwar auch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis entstehen können und dieser zwar nicht am Ende des Übertragungszeitraums mit Ablauf des 31. März des Folgejahres ohne weiteres verfällt; unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entschied das Gericht jedoch, dass Urlaubsansprüche bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen, dementsprechend auch nicht abzugelten sind.
Dem widerspricht das Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 18.01.2012 – 5 Ca 2499/11 -, zumindest für den Fall, dass ein anwendbarer Tarifvertrag keine entsprechende Verfallfrist vorsieht. Das Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 12.01.2012 – 16 Sa 1352/11 – wiederum nimmt an, dass Urlaub bei langandauernder Erkrankung spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres automatisch verfällt.
Auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat sich in einem Urteil vom 19.01.2012 – 15 Sa 380/11 – zum Thema geäußert: ist ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer aus dem Krankengeldbezug ausgesteuert und bezieht bereits Arbeitslosengeld, ruht das Arbeitsverhältnis; das ruhende Arbeitsverhältnis sei wie ein Teilzeitarbeitsverhältnis „Null“ zu behandeln – das heißt wie eines, in dem überhaupt nicht gearbeitet wird –und die Urlaubsvergütung pro rata temporis zu kürzen, also auch auf „Null“. Was im Einzelfall gilt, erschließt sich einstweilen nur dem die Rechtsentwicklung fortlaufend beobachtenden Spezialisten! (HHo/06.2012)
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