Dr. Holly

Aktuelles Arbeitsrecht Oktober 2014

YouTube: Wieweit darf Kritik an betrieblichen Verhältnissen gehen?

Bei „Whistleblowing“ geht es darum, dass Arbeitnehmer Missstände in ihrem Betrieb öffentlich anprangern, um so Gefahren für sich oder andere abzustellen, wenn innerbetrieblich keine wirksame Abhilfe geschaffen werden kann. Grundsätzlich kein zulässiges „Whistleblowing“ liegt vor, wenn sich ein Mitarbeiter über – vermeintliche – Missstände im Betrieb äußert, um sonstige Interessen zu verfolgen. In einem vom BAG am 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – entschiedenen Fall ging es dem Arbeitnehmer konkret um die Bildung eines Betriebsrats bei seinem bis dahin betriebsratslosen Arbeitgeber. In einem von der Gewerkschaft ver.di produzierten und auf YouTube veröffentlichten Video sprach der Mitarbeiter über betriebliche Probleme und insbesondere angeblich fehlende Sicherheitsvorkehrungen. Wörtlich sagte er, man könne „fast behaupten“, dass keine Maschine „zu 100% ausgerüstet“ sei. Es fehle an Fachkräften und die vorhandenen Mitarbeiter würden die Bedienung der Maschinen nicht ordnungsgemäß vornehmen können. Das Bundesarbeitsgericht hat die vom Arbeitgeber daraufhin ausgesprochene außerordentliche Kündigung für unwirksam erklärt, weil es den Vorgang nicht als ausreichend dafür ansah, dass der Arbeitnehmer das arbeitsvertragliche Vertrauensverhältnis in unwiederbringlicher Weise zerstört habe. Dennoch sollten Arbeitnehmerdurch diese Entscheidung gewarnt sein. Nicht nur Unfältigkeiten und Beschimpfungen machen einem Arbeitgeber das Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar. Auch im Hinblick auf Kritik an innerbetrieblicher Organisation, Produktqualität und Arbeitssicherheit ist Zurückhaltung angebracht und eine Beschädigung des eigenen Arbeitgebers in der Öffentlichkeit ist zu unterlassen. Merksatz: Man sägt nicht an dem Ast, auf dem man sitzt. (HHo/10.2014)